FDP Brühl
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Rede zur Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses „Bundesfinanzakademie“ anlässlich der Ratssitzung am 14.12.2020

Jochem Pitz

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt,

Nachdem für die neue rot /grüne Ratsmehrheit eine Vertagung des Beschlusses nicht in Betracht kommt, muss ja hieraus direkt geschlossen werden, dass rot / grün den Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan 08.91 “Bundesakademie“ unbedingt und koste es, was es wolle, heute aufgeheben will.

Ich bin seit 21 Jahren Mitglied dieses Rates und behaupte, dies wird eines der schwärzesten Tage für diesen Rat, für das Wohl dieser Stadt und das Ansehen von Rat und Verwaltung.

Politischer Dilettantismus, gepaart mit populistischen Wahlversprechen, Starrsinn und fehlendem politischen Mut führen heute zu einer Entscheidung, die im diametralen Gegensatz zu dem bundespolitisch formulierten, öffentlichen Interesse, Bundesbeamte gut und schnell auszubilden, steht. Verletzt werden darüber hinaus das Gebot der Verlässlichkeit und die Prinzipien einer umfassenden Interessenabwägung.

Und, das kommt noch obendrauf, das vom Rat gemeinsam verfolgte Ziel des Klimaschutzes wird zu einem Instrument der Beliebigkeit und Willkür und damit insgesamt Frage gestellt.

Bildungsstandort Brühl

Die über Jahrzehnte im Konsens aller Ratsmitglieder verfolgte Strategie, Brühl zum zentralen Bildungsstandort in der Region auszubauen, wird genauso über Bord geworfen wie der Grundsatz, dass gut bezahlte Arbeitsplätze in unserer Stadt gesichert und erhalten werden müssen. In einer Zeit, wo Gastronomie und der Einzelhandel in dieser Stadt existentiell bedroht sind, in einer Zeit, wo 1700 Betriebsangehörige des Eisenwerks täglich zu hören bekommen, der von ihnen gebaute Verbrennungsmotor werde abgeschafft, in einer Zeit, wo dem Phantasialand weiterhin eine Erweiterung verweigert wird, legt rot/grün auch noch die Axt an den Bildungssektor an.

Stattdessen scheinen Falschinformationen, neudeutsch sog. „Fake News“ und pure Symbolpolitik die Bühne zu beherrschen. Dies gilt auch für die Vorgehensweise der Verwaltung, die rotgrün zu allem Überfluss auch noch die passende Beschlussvorlage für diesen Unsinn liefert.

Um was geht es?

Vor 50 Jahren feierte Brühl als einen der größten Erfolge bestehender politischer Netzwerke – die Stadt stand nach dem Wegzug der Braunkohle im Strukturwandel-, dass in Brühl die Hochschule des Bundes und mit ihr die Bundesfinanzakademie angesiedelt werden sollten. Eine solch vom Bund getragene Institution versprach Sogwirkung für qualifizierte Arbeitsplätze und Kaufkraftzufluss durch die Studierenden, da diese schon während des Studiums ein Gehalt beziehen.

Auch damals gab es eine Bürgerinitiative, die erbittert gegen das Projekt kämpfte. 10 Jahre lang zitterte die Stadt, bis die Klage vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen wurde und, das glich einem Wunder, die Bundesregierung blieb bei ihrer Standort- Entscheidung für Brühl. Umso mehr ist der Erfolg dieser Hochschule und die bundesweite Bekanntheit gerade im Verwaltungsapparat immer wieder ein großer Standortvorteil für Brühl, weil unzählige Beamtinnen und Beamte – fest verankert jetzt im Verwaltungsapparat -, Brühl kennen und schätzen gelernt haben. 2000 Studierende und 3oo Arbeitsplätze sind für Brühl ein bedeutsamer Faktor und zusammen mit der EUFH kann sich Brühl Hochschulstadt nennen.

Erweiterungsbedarf muss gedeckt werden

Solcher Erfolg, sei er auf dem Bildungssektor oder in der Wirtschaft erarbeitet, bringt über die Jahrzehnte hin jedoch auch Erweiterungsbedarf mit sich und jede Kommune, aber auch gerade Brühl, muss sich verantwortlich mit einem solchen Erweiterungsbedarf auseinandersetzen. Im Falle des Phantasialand hat ein privates Unternehmer Erfolg, stößt aber seit 20 Jahren hier in Brühl gegen bürokratische Hürden, Unverständnis und Ablehnung.

Nun haben wir fast gleichgelagertes zweites Problem. Die Hochschule des Bundes muss auf dem wachsenden Ausbildungsbedarf des Bundes reagieren und erneut scheint diese Stadt unfähig, auf ein solches Erweiterungsbedürfnis angemessen und lösungsorientiert zu reagieren.

Das Allgemeinwohl muss im Blick bleiben und nicht partielle Anwohnerinteressen oder kurzfristig und kurzsichtig schnell gewinnbare Wählerstimmen. Genau das passiert aber heute.

Der Erweiterungsbedarf der Hochschule ist dem Rat schon seit drei Jahren bekannt. Der Bürgermeister hat mehrfach davon berichtet, dass die Hochschule verzweifelt Unterrichtsräume und Studentenappartements sucht, weil der Ausbildungsbedarf ständig steige. In der Stadt kann man beobachten, wie in der Comesstrasse Schilder des Bundes mit Bundesadler angebracht wurden, weil dort Ausweichräume der Hochschule angesiedelt worden.

Keine Veränderung seit Beschlussfassung

Genau dieser Erweiterungsbedarf führte dann zur Verwaltungsvorlage, die Aufstellung des Bebauungsplans 08.91 „Bundesakademie“ am 24.9.2018. Schon damals war allen Ratsmitgliedern bekannt, dass es sich um ein Landschaftsschutzgebiet handelt. Schon damals lag eine Skizze des Planvorhabens vor, welches wesentlich, ja dreifach größer dimensioniert war als nun das von einem privaten Investor geplante Gebäude. Alle Ratsfraktionen mit Ausnahme der Grünen Fraktion haben diesem Aufstellungsbeschluss sehr wohl in Kenntnis dessen, dass die Durchsetzung der Erweiterung mit Problemen behaftet sein würde, zugestimmt. Die Vertreter der Grünen Fraktion haben sich enthalten. Die Fraktion der Linken/Piraten, die sich im Wahlkampf besonders darin Vortat, gegen das Erweiterungsprojekt zu kämpfen, war damals durch Herrn Fraktionsvorsitzenden Riedel vertreten. Dieser erklärte damals, der gewählte Standort sei besonders gut geeignet.

Umso glücklicher schätzte sich auch der Bürgermeister, als dann private Investoren ein ökologisch vorbildliches und sich in die Landschaft einbindendes Gebäude präsentierten, welches durch seine Holzbauweise dem Prinzip der der Nachhaltigkeit in besonderem Maße gerecht wird und das der Bürgermeister noch im Mai 2020 anlässlich einer Pressekonferenz in den höchsten Tönen rühmte.

Wie also kann es passieren, dass nun die SPD-Fraktion während der Wahl einen 100-prozentigen Umschwenk durchführt und alles bisher Bekannte ignoriert und das Projekt öffentlichkeitswirksam plötzlich abgelehnt hat.? Wie kann und konnte es passieren, dass der Bürgermeister, wenn ihm am 15. Juni 2020 von der Hochschule bekannt gegeben wurde, wie und in welchen Dimensionen der Erweiterungsbedarf vorhanden sei, gegenüber der Presse dennoch und offenbar wider besseres Wissen erklärt hat, offenbar bestünde kein weiterer Erweiterungsbedarf?

Warum hat der Bürgermeister kurz vor der Wahl darauf verzichtet, diese Aussage zu korrigieren, obwohl ihm nach heutiger Vorlage 538/2020 jedenfalls am 16.9.2020 nochmals der ganz konkrete Erweiterungsbedarf übermittelt worden ist?

Wie kommt der Bürgermeister dazu, diese Vorlage 540/ 2020 zu zeichnen? Wie kommt der Bürgermeister dazu, dort Abwägungen mit negativem Ergebnis zu treffen, obwohl sich die Lage gegenüber den ursprünglichen Plänen im Jahr 2018 nicht verschlechtert, sondern durch das hervorragende Gebäude des Investors erheblich verbessert hat?

Was ist passiert zwischen seiner euphorischen Pressekonferenz am 07.05.2020, nachzulesen in der Zeitung und im Netz archiviert und der Folgezeit?

Auch Versäumnisse beim Bund

Da die Welt ja nicht nur aus Schwarz und Weiß besteht, will ich an dieser Stelle durchaus zugestehen, dass die Öffentlichkeitspolitik der Ministerien ein gerütteltes Maß an Mitschuld an der weiteren Diskussion hatte. Dies beginnt schon damit, dass sich der Bund für ein Investoren – Modell entschieden hat. Die Sache hat nur einen entscheidenden Haken. Das Projekt hätte europaweit Vergabe rechtlich ausgeschrieben werden müssen, hätte sich der Bund schon im Vorfeld gegenüber dem Investor verpflichtet, sämtliche Appartements für seine Studierenden an zu mieten. Das wollte man unbedingt umgehen und hat dann offenbar in einem Schreiben, welches an die Öffentlichkeit kam, jedwede Verbindung mit den Investoren und dem Studentenwohnheim negiert.

Das ist sicherlich nicht glücklich gewesen, -bei einer solch durchaus problematischen Erweiterung in ein Landschaftsschutzgebiet nicht mit offenen Karten zu spielen.

Vielleicht wären wir heute nicht an diesem Punkt, hätte der Bund selbst das Projekt geplant, statt einen scheinbar bösen, nur auf Gewinn ausgerichteten und klimapolitisch blinden Investor vorzuschicken. Vielleicht hätte auch die Öffentlichkeitspolitik der Hochschule, bedingt wohl durch einen Personalwechsel, deutlicher werden müssen.

Neue Fakten für den Erweiterungsbedarf

Aber nun, sehr geehrte Kollegen und Kollegen des Rates, ist die Hochschule des Bundes deutlich geworden. Ihnen allen liegt das Protokoll der Sitzung des Hauptausschusses vom 30.11.2020 vor, in der der Präsident der Hochschule Dr. Limbach unmissverständlich erklärt hat:

Die Hochschule benötigt über 18.000 Quadratmeter Nutzfläche und hier von mindestens 687 Studentenappartements, 28 Kursräume, 4 Hörsäle, 8 Gruppenräume und 134 Büros für 154 Arbeitsplätze.

Zweitens muss die Realisierung muss kurzfristig erfolgen.

Drittens, wenn diese kurzfristige Realisierung in Brühl nicht machbar ist, werden wesentliche Teile der Hochschule auf der Grundlage des Kohlepakts als Bundeseinrichtung in den Osten der Bundesrepublik verlagert.

Diese neue, glasklare und erweiterte Information der Hochschule kann und darf sich die Ratsmehrheit nicht verschließen, denkt man naiv.

Jede verantwortlich handelnde Kommune müsste sich erst einmal beraten und Lösungsmöglichkeiten, auch alternative Lösungsmöglichkeiten mit Fachleuten im Fachausschuss oder in einem gesonderten Ausschuss intensiv beleuchten, bevor man die Türe zu macht und, wie Sie das hier offensichtlich vorhaben, den Aufstellungsbeschluss aufheben wollen.

 Wie man sich den einen gängigen und völlig klaren Argumenten des Präsidenten der Hochschule in solche Art und Weise verweigern kann, ist nur noch mit Starrsinn und politischer Ignoranz erklärbar.

Es muss eine Lösung gefunden werden, aber alle Argumente, die bislang bekannt sind und die die Stadt in mehreren Vorlagen. So auch der heutigen zu unserem Antrag, dargelegt hat, führt im Moment nur zu dem Schluss, dass das Projekt am Daberger Busch entsprechend des Aufstellungsbeschlusses jedenfalls derart alternativlos ist, dass die Aufhebung dieses Beschlusses mit nichts zu rechtfertigen ist.

Keine Zeitnot

Dies gilt insbesondere, weil überhaupt keine, nicht die geringste Zeitnot besteht, gerade heute zu entscheiden. Der Rat hat sich mit alledem ohnehin noch nicht befasst. Allein die Furcht, des Wählerbetruges angeklagt zu werden, treibt Sie.

Vorlage des Bürgermeisters

Aber nun zu den Argumenten des Bürgermeisters:

Die Vorlage entlarvt sich selbst. Sie zeigt in jedem Satz, dass die Verwaltung ein Ergebnis rechtfertigen möchte, welches ihr von der rotgrünen Ratsmehrheit diktiert wurde. Oder personalisiert: SPD-Bürgermeister Freytag will seinem ehrgeizigen SPD-Fraktionsvorsitzenden Weitz – den die FDP-Fraktion ja bislang durchaus geschätzt hat, nicht bei der ersten wirklichen Bewährungsprobe, koste was es wolle, in den Rücken fallen

Wie kann es anders erklärbar sein, dass es auf Seite 2 versteckt im Text, lapidar heißt, die angemeldeten Bedarfe und der Erhalt der Hochschulen am Standort Brühl an sich sei von öffentlichem Interesse. Ist das alles, was ihnen Herr Bürgermeister, dazu einfällt?

Das öffentliche Interesse

Ich finde es schon eine Unglaublichkeit an sich, dass Sie sich hier in der Abwägung öffentlicher und sonstige Interessen auf diesen einzigen und nichtssagenden Satz beschränken. Lesen Sie keine Nachrichten? Die Stärkung der Bundespolizei, die vielfältigen Herausforderungen an die öffentliche Sicherheit und der Kampf des Zolls gegen sozialen Missbrauch hat die Bundesregierung veranlasst, Tausende neue Bundesbeamte anstellen, genau dieses neue Personal muss an der Hochschule des Bundes qualifiziert werden. Zusätzlich müssen wegen Überalterung der Bundesbehörden viele junge Beamtenanwärter/innen auf ihrem verantwortungsvollen Beruf vorbereitet werden. Dies ist fulminantes, bundespolitisches und prioritäres öffentliches Interesse, was man mit einem Satz nicht abqualifizieren kann. Dieses Allgemeininteresse hat Überstrahlungskraft und ist so eklatant gewichtig, dass aufgrund Ihrer Nichterwähnung all dieser Belange die Rechtswidrigkeit Ihrer Abwägung auf die Stirn geschrieben ist. Sie wird– unabhängig vom Endergebnis – so sicher vor keinem Gericht standhalten.

In welchem Kirchturms Denken diese Vorlage verhaftet ist., zeigt auch das Außerachtlassen eines anderen Arguments: Natürlich hilft es dem bundespolitisch und allgemein mit Zustimmung getragenen Ziel einer schnellen Aufstockung des Bundespersonals, wenn kurzfristig ohne lange Vorlaufzeiten ein Bestandsgebäude erweitert werden kann, statt dass im Osten oder in anderen Städten erst ein neuer Standort mit allem Personal und Gebäuden geschaffen werden muss.

Meine Damen und Herrn, verabschieden Sie sich von Ihrer Hoffnung, dass diese Provinzposse mit einer Zeitungsnotiz im Kölner Stadtanzeiger abgetan werden kann, ohne dass viel Aufhebens hieraus würde. Nein, Sie werden spätestens bei der nächsten Bundestagswahl gefragt werden, wie es sein kann, dass wir auf der einen Seite die der öffentlichen Sicherheit und dem Rechtsstaatsprinzip höchste politische Priorität einräumen und auf der anderen Seite nicht bereit sind, inne zu halten, um leichtsinnig abgegebene Wahlversprechen zu korrigieren. Auch Sie alle arbeiten daran mit, genau die öffentliche Sicherheit, die das ganze Land fordert, durch die Schaffung guter Studienbedingungen mit zu gewährleisten!

Klimaschutz wird so zum Willkürinstrument

Aber bleiben wir bei den eklatanten Widersprüchlichkeiten der Vorlage des Bürgermeisters.

Sie stellen einerseits unmissverständlich klar, dass das im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens angefertigte Klimagutachten die Auswirkung auf die kalte Luft zuvor untersucht hat und zu dem Schluss kam, dass durch das Vorhaben keine erheblichen negativen Auswirkungen auf die angrenzende Bebauung entstehen.

Was dann kommt, macht wirklich sprachlos Ich zitiere: „Insgesamt führt eine Versiegelung jedoch immer zu einer Erwärmung der Umgebung und zu nachteiligen mikroklimatischen Veränderungen.“ Dann heißt es sprachlich unkorrekt;

„Diese beschränken Sie im vorliegenden Fall zwar auf das Plangebiet.“

Und jetzt kommt es:

„Den klimatischen Auswirkungen des Vorhabens kommt jedoch eine hervor herausgehobene Bedeutung zu da die Stadt Brühl für eine besondere Berücksichtigung aller klimarelevanten Aspekte in ihren Entscheidungen selbst verpflichtet hat“,

Es fragt sich der Leser, was will der Verfasser uns damit sagen?

Es ist, so kann man das nur verstehen, klimaschädlich, jede Fläche zu versiegeln, was hier offenbar als schlagendes Argument an sich gegen das Vorhaben aufgeführt wird.

Herr Bürgermeister, dann muss ich sie allerdings fragen, wo bleibt diese Argumentation bei all ihren ganzen anderen Bauleitplänen -nach der aktuellen Ausgabe der Homepage handelt es sich um 25 Bebauungspläne, die sich derzeit in Bearbeitung finden. Wir reden hier gar nicht von den übrigen 40 Bebauungsplan, die in den letzten Jahren vom Rat der Stadt beschlossen wurden und die dazu geführt haben, dass Brühl Süd verstädtert wurde und jeder Acker in Brühl Süd mit Wohnbauten vollgebaut wird. Der Flächenverbrauch des Projekts Bundesakademie ist dagegen lächerlich klein.

Wann erwarten wir Ihren Vorschlag, die Aufstellung der 25 Bebauungspläne aufzuheben. Dies gilt insbesondere für weitere Bebauungsgebiete wie an der Bonner Straße Geildorfer Bach, westlich an der Schallenburg, am Hennebach zwischen Eckdorfer Mühlenweg und Grüner Weg, an der westlichen Talstraße oder wie jüngst oben an der Maiglerwiese. Es handelt sich allesamt um Flächen, die neu versiegelt werden sollen.

Der Investor hat in seinem Rundschreiben, welches alle Fraktionen erhalten haben, darüber hinaus dargestellt hat, nur 22 % der zur Verfügung gestellten 28.000 m² würden bebaut und über 50 % der Flächen werden zum Klimaschutz in Natur und Waldflächen umgewandelt statt eines – und das kommt noch obendrauf – intensiv genutzten Ackerboden. Darüber findet sich in ihrer Vorlage nichts, aber gar nichts.

Hier nun mit Versiegelung von Flächen zu argumentieren, ist aber aberwitzig, sehr geehrter Herr Bürgermeister. Fragen Sie mal, wie Schwadorf oder Badorfer es finden, was von ihren ursprünglich landwirtschaftlich geprägten Dörfern davon noch übrigbleibt, wenn alle ihre Bebauungspläne umgesetzt werden. Da handelt es sich um die Versiegelung von Flächen pur und keineswegs am Daberger Busch!

Mit dem Argument der Versiegelung führen Sie das Instrument der Willkür ein. Es gibt bei Ihnen offenbar den Unterschied zwischen einer guten und einer schlechten Versiegelung, je nachdem, wie es politisch gerade passt.

Entsprechend findet man in der Vorlage kein Wort zu Ausgleichsmaßnahmen und Kompensationsmöglichkeiten, obwohl es gängige Methoden sind, Nachteile für Umwelt und Klima auszugleichen. Klimaschutz wird wohl ab jetzt mit dem großen Daumen praktiziert. Es heißt: Daumen rauf oder Daumen runter je nach dem, was man will oder eben nicht will.

Landschaftsschutz

Allein richtig an Ihren Argumenten ist, dass die Fläche im Landschaftsschutzgebiet liegt. Das war aber schon im Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses bekannt und das überörtlich überragende öffentliche Interesse, wenn man es denn benennen würde, sehr geehrter Herr Bürgermeister, gäbe der Landschaftsschutzbehörde genügende Veranlassung, einen Ausnahmefall zu genehmigen.

Archäologie

Archäologisch eventuell vermutete Funde haben in Brühl noch keinen einzigen Bau verhindert und wir wissen alle, dass die Archäologen gegeben falls auch zeitintensiv die archäologischen Funde sichern werden. In der Brühler Innenstadt gäbe es keinen einzigen Neubau, auch kein neues Rathaus, wenn das ein Abwägungsgrund wäre. Warum haben Sie denn die Wohnbebauung südlich des Friedhofs zugelassen? Da wurde tatsächlich archäologisch Sensationelles gefunden!

Verkehr

Zu den verkehrlichen Gründen kann noch keine Aussage getroffen werden, weil die Gesamtplanung einfach noch nicht vorliegt, weil über den Aufstellungsbeschluss hinaus noch überhaupt keine einzige Fachberatung stattfand. Er hilft auch nicht, ein Klimagutachten ohne Erläuterung von Fachleuten den Ratsmitgliedern noch drei Tage vor der Ratssitzung zuzuleiten. Das ersetzt doch keine ordentliche Beratung!

Außerdem ist das Argument, dass die Studenten Montag zu ihrem Studenten Appartements fahren und am Freitagabend wieder zurück, unschlagbarer verkehrsvermeidend. Viel schlimmer ist doch der jetzige Zustand, dass zu jedem Unterrichtstag die Studenten von irgendwo heranfahren und wieder abfahren.

Finanzieller Schaden

Die Vorlage gaukelt schließlich dem Rat vor, finanzielle Nachteile würden der Stadt nicht entstehen, würde dieser Aufstellungsbeschluss zurückgenommen.

Es war wieder Aufgabe des Investors, alle Ratsmitglieder darauf hinzuweisen, dass dies schlichtweg falsch ist.

 Schon falsch ist die Behauptung, die Stadt habe die Flächen im Besitz gehabt. Die Stadt hat diese Flächen im Wissen um das Investorenprojekt erst angekauft, als der Aufstellungsbeschluss einstimmig ergangen ist.  Dann hat man diese Flächen dem Investor per Erbbaupachtvertrag verpachtet und dieser Vertrag datiert auf den 17.09.2019. Wie bei jedem solchen Vertrag ist verankert, dass dieser Vertrag rückabgewickelt wird, wenn das Projekt nicht zu verwirklichen ist. Verhindert die Stadt Bauplanungsrecht, ist sie, worauf der Investor in seinem Schreiben hingewiesen hat, zur Erstattung entstandener Beurkundungskosten von 161.800 € verpflichtet. Dazu kommen dem Investor entstandene Planungskosten von 92.000 €, die der Investor mit oder ohne Rechtsgrund – das muss geklärt werden -, genauso zurückverlangt, wie sein Hinweis wohl zutrifft, dass der Stadt über die Gesamtlaufzeit 25,8 Millionen € Erbpacht entgehen wird.

Gebot der Verlässlichkeit

Aber viel schlimmer ist, dass der Politik dieses Rates jede Verlässlichkeit abhandenkommt. Das, was in der letzten Legislaturperiode noch Konsens war, wird urplötzlich aufgekündigt. Welcher Investor kann diesem Rat noch trauen? Wer gibt auf das Wort des Bürgermeisters noch einen Pfifferling, wenn er zwar Vorinvestitionen leisten soll, aber jederzeit und bis zur letzten Minute damit rechnen muss, dass alles umsonst sein könnte?

Beratungsbedarf und Alternativbetrachtungen

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen dieses Rates,

die FDP-Fraktion hat nur ein Ziel: der Bestand der Hochschule muss gesichert werden. Das öffentliche Interesse auf Ausbildung der Bundesbeamten muss die Stadt, die von einer solchen Hochschule nur profitiert, Rechnung tragen und es ist der FDP-Fraktion völlig gleich, ob die Erweiterung durch einen Investor oder durch den Bund selbst projektiert und durchgeführt wird. Zudem ist sogar unstreitig, dass das Studentenappartementhaus ökologisch besonders nachhaltig geplant ist und der Investor in hoher Verantwortung bezüglich des Prinzips der Nachhaltigkeit das Vorhaben umsetzen will.

Schon anlässlich des Aufstellungsbeschlusses heißt es in der Verwaltungsvorlage, alternative Flächen gäbe es nicht. Auch in der Vorlage zum FDP-Antrag wiederholt die Verwaltung diese Aussage mit Ausnahme des Gesamtkomplexes an der Auguste-Victoria-Straße, ohne dass konkrete Quadratmeter Zahlen genannt werden. Das Grundstück steht nicht im Eigentum der Stadt und der Investor will dort klassisches Wohnen verwirklichen.

Die Nutzfläche des EKR-Ersatzgebäudes an der Auguste-Victoria-Straße würde allenfalls einen Bruchteil der erforderlichen Gesamtfläche bieten können, was die SPD aber immer noch nicht zur Kenntnis nimmt. Warum Herr Schiffer schreiben Sie nicht genau, welche Nutzflächen maximal dort anbietbar wären, statt das im Nebulösen zu lassen?

Tatsache ist jedenfalls, dass auch die Stadt davon ausgeht, dass an der Auguste-Victoria-Straße frühestens in vier Jahren Planungsrecht geschaffen werden könnte. Dieser Zeitraum, der für die Hochschule und deren Bedürfnisse völlig unakzeptabel und bislang, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, habe ich nicht eine einzige andere Fläche benannt gehört, die ansonsten hier in Frage kommt. Wenn Sie diesen Aufstellungsbeschluss kippen, kippen Sie auch den Standort.

Vertagen sie die Sache und seien sie sich zum guten Schluss noch an ihre Grundsatzprogramme der Bundesparteien erinnert, Die ich mit Interesse gelesen habe:

So steht im Grundsatzprogramm der Grünen, das vor wenigen Wochen verabschiedet wurde:

 Der Rechtsstaat zeigt sich in einer bürgerorientierten, leistungsstarken und für alle zugänglichen öffentlichen Verwaltung und der Möglichkeit zu einem effektiven Rechtsweg gegen ihre Entscheidungen. Für verlässliche, transparente Behörden braucht es regelmäßige Fort – und Weiterbildungen und eine angemessene finanzielle, personelle und strukturelle Ausstattung. Ein notwendiger Baustein besteht darin, dass sich die Verwaltung umfassend qualifiziert, digitalisiert und automatisiert und ressortübergreifend arbeitet. Öffentliche Verwaltung muss auf Augenhöhe mit finanziell mächtigen Interessen in Konzernen und Banken agieren.“

Und bei der SPD als eine der 20 Thesen

Deutschland ist eines der sichersten Länder der Welt. Dennoch machen Alltagskriminalität wie Einbrüche und Diebstähle sowie Terrorgefahr den Menschen Sorge. Unsere Antwort darauf ist die deutliche Verstärkung des wehrhaften Rechtsstaats. Wir wollen mindestens 6.000 zusätzliche Bundespolizeikräfte, von denen wir 3.000 schon durchgesetzt haben. Außerdem brauchen wir eine moderne Ausstattung für die Sicherheitsbehörden ….

Genau das Gegenteil zu Ihren eigenen Programmaussagen soll heute passieren. Sie blockieren eine schnelle und gute Ausbildung der Bundesbeamtinnen/en und gefährden den Standort der Hochschule.

Halten Sie inne, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates, vertagen Sie die Entscheidung, wenn Sie den Beschlussvorschlag nicht ablehnen wollen. Lassen Sie uns alle Alternativen beleuchten, nehmen wir die Fachleute des Bundes mit ins Boot, aber gefährden Sie bitte nicht all das, was jahrzehntelang in dieser Stadt mit den Einrichtungen des Bundes aufgebaut wurde. Lassen Sie diesen Tag nicht zum schwärzesten werden, den dieser Rat seit langen Jahren erlebt hat!


16. Dezember 2020

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